story vom 30.03.24

Wenn Frauen durchstarten

2022 gründete die erfahrene Personalvermittlerin Nadia Breitenstein (40) mit der breitenstein works GmbH in Laufen ihre eigene Agentur. Inzwischen beschäftigt sie vier Angestellte. Weil ihr Geschäftsmodell überzeugte, ihr aber die finanziellen Sicherheiten fehlten, erhielt sie eine Bürgschaft der Genossenschaft SAFFA. Warum sich angehende Firmengründerinnen mehr zutrauen sollten – und wie sie dennoch einen Bankkredit erhalten, selbst wenn die privaten Mittel nicht ausreichen – darüber sprechen die Jungunternehmerin und Andrea Theunert, Geschäftsführerin der BG SAFFA, im Interview mit der Basler Kantonalbank.

Frau Breitenstein: Wie kam es, dass Sie sich für die Selbstständigkeit entschieden?

Nadia : Als ich 2019 eine Weiterbildung in Betriebswirtschaft absolvierte, erstellte ich im Rahmen der Abschlussarbeit einen Businessplan für die Gründung einer eigenen Firma. Das brachte mich auf den Gedanken, die Theorie in die Praxis umzusetzen. Im April 2022 machte ich mich dann im Alter von 38 Jahren selbstständig.

Kostete Sie dieser Schritt viel Überwindung?

Ja und Nein. Einerseits war ich schon über Jahre als Stellenvermittlerin tätig und erhielt von den Kunden gute Feedbacks. Sie sagten mir: Nadia, wohin du gehst – wir folgen dir. Das gab mir natürlich eine gewisse Sicherheit, wie auch der Umstand, dass mein damaliger Lebenspartner und heutiger Ehemann ebenfalls ein Einkommen erzielte und somit die privaten Grundkosten sichergestellt waren.

Aber?
Ich hatte schon auch Zweifel. Beim Ausarbeiten des Businessplans war mir klar geworden, dass ich die benötigten finanziellen Mittel nicht aus eigener Kraft aufbringen kann. Das brachte mich auf die Idee, mich bei der Bürgschaftsgenossenschaft SAFFA zu melden. Doch vor der Vorstellung, mich gegenüber einem Komitee vorzustellen und ein Finanzierungsgesuch samt Businessplan einzureichen, hatte ich Respekt.

Frau Theunert, ist dieses Feedback typisch?

Wir machen häufig die Beobachtung, dass Frauen zu wenig an sich glauben und «einen Schupf» brauchen. Das lässt sich bei den Bürgschaftsgesuchen immer wieder feststellen. Während Männer dafür bekannt sind, selbstbewusst Kreditbegehren zu stellen, wollen es Frauen lieber bescheiden angehen.

Wie äussert sich das?

Wenn wir Gesuche prüfen, sind die beantragten Beträge oft deutlich zu tief. Ich habe erlebt, dass Gründerinnen mit einem Monatslohn von 3000 Franken kalkulieren – damit kommt man aber kaum über die Runden. Offensichtlich wollen Frauen nicht zur Last fallen. Es belastet sie, bei jemanden in der Schuld zu stehen. Deshalb rechnen sie oft auch zu wenig Reserven ein. Es ist aber essenziell, bei einer Firmengründung über ein gewisses finanzielles Polster zu verfügen.

Frau Breitenstein, war das in Ihrem Fall auch so?

Absolut. Ich bin zwar eine kommunikative und offene Person. Am Anfang stand mir aber der Stolz im Weg, um nach Hilfe zu fragen. Im Nachhinein hätte ich mutiger auftreten sollen, denn die Liquidität ist wohl bei jedem Startup ein grosses Thema. Das weiss ich jetzt. Was ich an dieser Stelle betonen möchte: Die BG SAFFA ist eine äusserst wertvolle und wichtige Institution. Ohne ihre Unterstützung hätte ich mit meinem Geschäft sehr wahrscheinlich nicht loslegen können. Gewiss nicht so unkompliziert.

Andrea Theunert: Solche Feedbacks machen uns grosse Freude. Genau das möchte die BG SAFFA mit ihren Bürgschaften erreichen: Dass Frauen mutiger sind und sich trauen, ihre Berufsziele zu verwirklichen. Voraussetzung ist natürlich ein überzeugendes Geschäftsmodell.

Nadia Breitenstein: Das Vorlegen von Budget, Finanzplan und anderen detaillierten Unterlagen ist zweifellos mit einem grossen Aufwand verbunden. Allerdings habe ich vom Austausch mit der BG SAFFA stark profitiert, weil er mir half, mich bestmöglich auf die Selbstständigkeit vorzubereiten und verschiedene Szenarien durchzuspielen.

Frau Theunert: Was raten Sie Frauen, die mit dem Gedanken spielen, sich selbstständig zu machen?

Glaube an dich und dein Projekt. Mache gute Abklärungen – und probier’s. Nichts ist schlimmer als sich irgendwann eingestehen zu müssen: Warum habe ich es bloss nie gewagt? Die BG SAFFA ist seit über 90 Jahren für Frauen da, die nicht über ausreichende finanzielle Sicherheiten verfügen, aber eben über eine überzeugende Geschäftsidee. Zögert nicht, euch zu melden!

Nadia Breitenstein: Diesen Worten schliesse ich mich gerne an. Was ich den Frauen zudem auf den Weg geben möchte: Habt keine Angst davor, Hilfe anzunehmen. Ihr könnt nicht alles wissen – das kann niemand. Es ist kein Gesichtsverlust, Fragen zu stellen. Geht auf die Menschen zu, sprecht eure Bedürfnisse an.

Weitere Stories

15.01.24
Das Medtech-Startup Spirecut im Interview mit "100 fürs Baselbiet"
01.12.23
Raul Cremades und sein Partner wollen mit Easy Thesis Studenten helfen
14.09.23
HR-Expertin Kirsten Weiskat macht ihre Kunden fit für "futureofwork".