news vom 01.07.21

Kapital für Startups: Darauf kommt’s an

Für viele JungunternehmerInnen ist die Geldbeschaffung eine der grössten Herausforderungen. Wie gelangt man an einen Bankkredit oder an Privatinvestoren? Dazu und zu den neusten Start-up-Initiativen sowie Finanzierungs-Modellen wie der von der BLKB und Partnern lancierten «100 fürs Baselbiet» hat "Prime News" BLKB-Firmen­kunden­berater Maximilian Zappa und Business Parc-Geschäfts­führer Melchior Buchs befragt.

Für Startups bestehen inzwischen unzählige Beratungs-, Coachings- oder auch Vermietungs­angebote. Geht es um die Kapital­beschaffung, sieht es hin­gegen anders aus. Trifft dieser Eindruck zu?

Maximilian Zappa:Es gibt tatsächlich immer mehr Unterstützungs-Programme, um Jungunternehmen auf ihrem Weg zu begleiten. Das gilt aber auch für die Finanzierung. Nach meiner Wahrnehmung besteht heute eine grössere Bereitschaft, in Startups zu investieren. Die Ausgangslage in der Region ist recht gut. Dies zeigt sich auch bei unseren Angeboten der inQbator AG und unserer Initiative «100 fürs Baselbiet».

 

Bezieht sich Ihre Aussage spezifisch auf Startups aus der Life Science oder auf Jung­unter­nehmen aus allen Branchen?

Zappa: Aus allen Branchen. Bei unserer Initiative «100 fürs Baselbiet» nehmen wir bewusst einen breiten Blick ein. Jedes Startup, das gut vorbereitet ist und einen innovativen Ansatz verfolgt, erhält die Chance, an Kapital zu kommen.

Melchior Buchs:Man muss bei diesem Thema differenzieren. Firmen aus dem Forschungs- und Entwicklungsbereich weisen in aller Regel einen hohen Investitionsbedarf auf, der sich meistens nur national, wenn nicht sogar international decken lässt. Anders ist es, wenn sich erfahrene Berufsleute für die Selbstständigkeit entscheiden. In diesem Fall sollte das benötigte Startkapital grundsätzlich aus eigenen Mitteln stammen.

Warum ist das so wichtig?

Buchs:Weil Unternehmertum auch bedeutet, gewisse Risiken einzugehen. Dazu gehört, eigenes Geld zu investieren. Wenn eine Person eine GmbH gründet und nicht einmal über die dafür notwendigen 20'000 Franken verfügt, setze ich ein Fragezeichen. Reichen die Ersparnisse nicht aus, sollte man in einer ersten Phase zunächst im Familien- und Freundeskreis um finanzielle Unterstützung anfragen.

Zappa: Ich teile diese Meinung. Die Frage ist ja auch: Wenn jemand selber kein Geld in eine Firma einbringt, aber bei uns ein grosses Kreditgesuch platziert – wer trägt dann das unternehmerische Risiko? Die Hauptverantwortung sollte stets bei den Unternehmerinnen und Unternehmern liegen. Wir als Bank verstehen uns in einer begleitenden respektive unterstützenden Rolle.

Buchs:Manchmal hilft auch etwas Kreativität. Ich erinnere mich an eine Physiotherapeutin, die in ihrem Studio Fitnessgeräte anschaffen wollte und bei verschiedenen Banken einen negativen Finanzierungsbescheid erhalten hatte. Ich schlug ihr vor, sie solle doch ihre Kundinnen und Kunden um kleine Darlehen anfragen. Prompt kamen in kurzer Zeit 50'000 Franken zusammen.

Machen wir ein Beispiel: Ein Florist möchte in einem neuen Stadt­quartier einen Laden eröffnen. 60'000 Franken schiesst er selber ein. Er braucht aber weitere 300'000 Franken, um loslegen zu können. Wie gross sind seine Chancen, das Kapital zu erhalten?

Zappa:So pauschal lässt sich das natürlich nicht sagen. Für mich als Bankberater für Firmenkunden ist der Spirit und der Wille eines Firmengründers, sich voll in die Sache reinzuhängen, ein wichtiger Faktor. Daneben benötigen wir natürlich eine genaue Dokumentation, damit wir uns in das Konzept hineindenken und auch kritische Fragen stellen können. Braucht es wirklich so teure Orchideen, wie sie im Businessplan des Floristen vorgesehen sind? Ist der Kapitalbedarf von 300'000 Franken berechtigt? Wir versuchen Varianten auszuarbeiten und am Ende die beste Lösung zu präsentieren.

Buchs:Herr Zappa hat vollkommen recht, wenn er den Spirit des Unternehmers anspricht. Darauf legen wir auch im Advisory Board bei «100 fürs Baselbiet» grossen Wert. Uns interessiert, was die Gründerinnen und Gründer von Startups antreibt, was sie mit ihrer Geschäftsidee bewegen oder vielleicht auch verändern wollen. Der unternehmerische Geist wird bei der Initiative stark gewichtet.

Und was ist Ihre Antwort an einen Jung­unter­nehmer, der Ihnen im Büro eine geniale Geschäfts­idee präsentiert, jedoch über kein Geld verfügt? Geben Sie dem eine Absage?

Buchs:Es gibt diese Momente, aber eher selten. Falls die Geschäftsidee erfolgversprechend ist, suchen wir nach geeigneten Finanzierungslösungen. Eine Empfehlung, die Geschäftsidee nicht weiter zu verfolgen, müssen wir mehr bei den «Daniel Düsentriebs» dieser Welt abgeben. Sie kommen häufig bereits mit einem Prototypen ans Gespräch, demonstrieren uns im Business Parc eine sensationelle Erfindung. Leider stellt sich dann oft heraus, dass für das Produkt kein Markt besteht oder die Herstellung zu teuer ist.

Zappa: Auch wenn wir eine Bank sind, darf sich nicht immer alles nur ums Geld drehen. Fasziniert mich ein Startup, erkenne ich das Potential, nehme ich mir gerne Zeit, um die junge Firma durch Vermittlung in unserem Netzwerk oder anderen Massnahmen voranzubringen. Das macht unter anderem den Reiz unseres Berufs aus.

Aber?

Zappa: Es gibt eine Kreditpolitik der Bank, an welche wir uns zu halten haben. Und dann fällt mir schon auch auf – ich nehme hier Bezug auf die Aussage von Melchior Buchs –, dass bei Kreditgesuchen die Beschreibung einer Dienstleistung oder Produkts einen grossen Anteil einnimmt. Firmengründerinnen und -gründer sollten aber verschiedene Brillen tragen: Risikoanalyse, Marktanalyse, Konkurrenzsituation, Liquiditätsplanung gehören ebenso zu einem Businessplan. Ich sage immer: Denkt in Szenarien. Überlegt den wahrscheinlichsten, den schlechtesten und den besten Fall.

Buchs:Die Plausibilität einer Geschäftsidee halte ich für zentral. Was ist realistisch, was nicht? Aus diesem Grund greifen wir im Business Parc bei Businessplan-Beratungsgesprächen gerne auf Coaches mit viel Berufs- und Lebenserfahrung zurück. Sie sind in der Lage, kompetente Feedbacks zu geben.

Ihre Argumente sind nach­voll­ziehbar. Und doch sind in der Startup-Szene auch immer wieder kritische Stimmen zu hören. Die Flut an einzureichenden Dokumenten, um von einer Bank oder einer Investment­gesellschaft einen Kredit zu erhalten, sei viel zu gross.

Zappa: Das ist Ansichtssache. Es gehört zu unserer Sorgfaltspflicht, die Kreditfähigkeit und Kreditwürdigkeit von Gesuchstellenden zu prüfen. Das mag zuweilen anstrengend sein, hat aber nur zum Ziel, die bestmögliche Lösung zu finden. Wir machen immer wieder die Erfahrung, dass ein Kunde zum Beispiel eine Kontokorrent-Limite, ein typisches Produkt für Unternehmenskunden, beantragt, wir dann jedoch feststellen, dass sich ein anderes Produkt besser für ihn eignet.

Gerade mit der Initiative «100 fürs Baselbiet» gehen Sie aber neue Wege abseits des klassischen Kredit-Geschäfts. Warum dieser Schritt?

Zappa: Es handelt sich in der Tat um ein neuartiges Modell, an dem ich persönlich sehr viel Freude habe. Mit unserer Initiative «100 fürs Baselbiet» wollen wir nicht nur innovative Startups fördern, sondern stehen gegebenenfalls auch etablierten KMUs für anstehende Entwicklungsschritte zur Verfügung. Zudem stellt die inQbator AG eine Reihe von Dienstleistungen zur Verfügung und kann jungen Firmen beratend zur Seite stehen. So entsteht ein nachhaltiger Mehrwert.

Buchs:Ich halte diesen 360-Grad-Ansatz für vielversprechend, weil er beim Business Parc in der Vergangenheit gut funktioniert hat. Gerade Jungunternehmen sind auf ein Netzwerk angewiesen, das Türen öffnet und sie weiterbringt. Wer zum Beispiel ein Vertriebsnetz aufbauen muss, schafft das nur, wenn er auf Partner mit dem entsprechenden Knowhow zurückgreifen kann.

Wie funktioniert die Finanzierung bei «100 fürs Baselbiet»?

Zappa: Kommt das Advisory Board nach Prüfung der Bewerbungsunterlagen zu einem positiven Entscheid, tritt die BLKB als Fremdkapitalgeberin auf, die eine Kontokorrent-Limite spricht. Das ist aber nur ein Part. Wie erwähnt sind wir bei der weiteren Entwicklung des Unternehmens oft stark involviert, indem wir unser Netzwerk einsetzen und mit der inQbator AG auch Coachings und weitere Dienstleistungen anbieten.

Was sollte man bei der Kapital­beschaffung nicht tun?

Buchs:Angehäufte Schulden durch die Aufnahme von weiteren Schulden zu tilgen versuchen – nach dem Prinzip der Hoffnung und dem Glauben, es kämen dann schon wieder bessere Zeiten. Man sollte sich eingestehen können, eine Geschäftsidee aufzugeben, wenn sie am Markt nicht funktioniert.

Zappa: Ich rate den Startups davon ab, zu früh mit der Kapitalbeschaffung zu starten. Das kann einerseits Investoren abschrecken, weil der Auftritt überhastet und damit unprofessionell wirkt. Andererseits sollte man nicht zu früh und dadurch zu günstig Firmenanteile verkaufen. Die Firmengründerinnen und -gründer sollten einen einfachen, aber wahren Grundsatz beherzigen: Zeit investieren, daran glauben, das Ding durchziehen.

Ganzer Prime-News-Bericht vom 1.7.2021

Weitere News

27.04.25
Reinacher Gründungszentrum bietet zum Jubiläum viel Startup-Spirit.
16.04.25
Viele Infos, Ideen und Impulse an der "Startup Schmiede" vom April.
06.04.25
Plus von über 17% gegenüber dem Vorjahres-Quartal im Kanton Baselland.